Schätzungsbefugnis bei Verletzung der Aufbewahrungspflicht

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01. April 2014 – 5 K 1227/13- : Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt, § 162 Abs. 2 Satz 1 AO. Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können, § 162 Abs. 2 Satz 2 AO

Nach § 158 AO sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Eine formell ordnungsmäßige Buchführung hat die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich (BFH-Urteil vom 22.08.1985 IV R 29-30/84, BFH/NV 1986, 719; BFH-Beschluss vom 13.07.2010, BFH/NV 2010, 2015).

Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen, § 146 Abs. 1 Satz 1 AO. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Dabei ist u.a. ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen, § 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG.

Ergibt die Würdigung des Sachverhalts, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise sachlich unrichtig ist, so kann das Ergebnis dieser Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden. Die objektive Beweislast für die hierfür maßgeblichen steuererhöhenden Tatsachen trägt das Finanzamt (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.1997 VIII R 9/96, BStBl II 1998, 51).

Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH-Urteile vom 17.11.1981 VIII R 174/77, BStBl II 1982, 430; BFH vom 26.10.1994, BFH/NV 1995, 373; BFH vom 7.06.2000 -III R 82/97- BFH/NV 2000, 1462; BFH-Beschluss vom 9.01.2008 X B 144/07). Ob ggf. nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921).

Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Eine Schätzung scheidet allerdings dann aus, wenn die durch die Fehler der Buchführung verursachten Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderungen an die nötigen Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.1997 VIII R 9/96, BStBl II 1998, 51).

Die Schätzungsgrundlagen müssen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfung möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921 m.w.N.). Eine vom Finanzamt vorgenommene Schätzung wird vom Finanzgericht in vollem Umfang überprüft und ggf. durch eine eigene Schätzung ersetzt (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.1987 IV R 143/84, BStBl II 1987, 412). Das beklagte Finanzamt stützt seine Ansicht, die Buchführung des Klägers sei nicht ordnungsgemäß, im Wesentlichen darauf, der Kläger habe entgegen der aus § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO folgenden Aufbewahrungspflicht die nach §§ 140 ff AO zu führenden Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Diese Auffassung hält der Senat im Streitfall für zutreffend. Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gemäß § 147 Abs.1 AO ist akzessorisch, das heißt, sie setzt stets eine Aufzeichnungspflicht voraus und besteht grundsätzlich nur im Umfang der Aufzeichnungspflicht. Eine eigenständige Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht mit einer Pflicht zur Aufzeichnung von Daten in Zusammenhang stehen, ist § 147 Abs. 1 AO nicht zu entnehmen. Durch die Abhängigkeit der Aufbewahrungspflicht von einer im Gesetz angeordneten Aufzeichnungspflicht wird der Umfang der aufzubewahrenden Unterlagen sachgemäß begrenzt. Diese Beschränkung trägt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit der in § 147 Abs.1 AO geregelten Aufbewahrungspflicht ebenso Rechnung wie der von Verfassungs wegen geforderten Verhältnismäßigkeit der Norm (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Dies gilt auch für § 147 Abs. 1 Nr.5 AO, wonach sonstige Unterlagen aufzubewahren sind, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

§ 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist dabei unter Berücksichtigung der generellen Akzessorietät der Aufbewahrungspflicht im Lichte der im Einzelfall jeweils bestehenden gesetzlichen Aufzeichnungspflichten einschränkend auszulegen. Danach müssen bei einer abstrakten Bestimmung der Reichweite der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr.1 bis Nr. 4a AO fallenden Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921).

Die Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 AO und dem Datenzugriff nach § 147Abs. 6 AO unterliegen danach – ungeachtet der Aufzählung in § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. AO – grundsätzlich alle Unterlagen und Daten, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind. Nicht dazu gehören dagegen Unterlagen und Daten, die z.B. private, nicht aufzeichnungspflichtige Vorgänge betreffen, aber auch Unterlagen und Daten, die „freiwilligen“, also über die gesetzliche Pflicht hinaus reichenden Aufzeichnungen zuzuordnen sind. Soweit sich für sie eine Aufbewahrungspflicht nicht aus anderen Gesetzen ergibt, können sie vom Steuerpflichtigen jederzeit vernichtet oder gelöscht werden.

Demgegenüber unterfallen der Vorschrift auch Unterlagen, die Aussagen über Vorgänge zum Gewinn und seiner Ermittlung enthalten. Dies gilt jedenfalls bei solchen Steuerpflichtigen, die – wie der Kläger – ihren Gewinn nach §§ 4 Abs.1 , 5 EStG ermitteln. Schließlich transformiert § 140 AO branchenspezifische Aufzeichnungen zu steuerrechtlichen Pflichten.

Derartige branchenspezifische Aufzeichnungspflichten enthält § 18 As. 1 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen(Fahrlehrergesetz – FahrlG -). Nach dieser Vorschrift hat der Inhaber der Fahrschule Aufzeichnungen über die Ausbildung zu führen. Die Aufzeichnungen müssen für jeden Fahrschüler Art, Inhalt, Umfang und Dauer der theoretischen und praktischen Ausbildung, den Namen des den Unterricht erteilenden Fahrlehrers, Art und Typ der verwendeten Lehrfahrzeuge, Tag und Ergebnis der Prüfung sowie die erhobenen Entgelte für die Ausbildung und die Vorstellung zur Prüfung erkennen lassen sowie vom Fahrschüler gegengezeichnet oder sonst bestätigt sein, damit eine wirksame Überwachung der Ausbildung sichergestellt ist. Die Aufzeichnungen sind dem Fahrschüler nach Abschluss der Ausbildung zur Unterschrift vorzulegen. Nach Abs. 2 der Vorschrift hat der Fahrlehrer täglich die Anzahl der Fahrstunden unter namentlicher Nennung der ausgebildeten Fahrschüler, die Gesamtdauer des praktischen Fahrunterrichts einschließlich der Prüfungsfahrten und die Dauer der beruflichen Tätigkeiten in Minuten aufzuzeichnen. Für diese Aufzeichnungen hat der Fahrlehrer die Dauer seiner an diesem Tag geleisteten anderen beruflichen Tätigkeiten anzugeben. Im Tagesnachweis des Fahrlehrers müssen vom Fahrschüler die Ausführungen bezüglich seiner Ausbildung gegengezeichnet oder sonst bestätigt werden (Muster eines Ausbildungsnachweises vgl. Bl. 119 ApA). Gemäß § 18 Abs. 3 FahrlG sind die Unterlagen aus berufsrechtlicher Sicht vier Jahre nach Abschluss der Ausbildung aufzubewahren.

Nach der gerichtsbekannten Praxis der Fahrschulen werden die Leistungsentgelte von den Fahrschülern überwiegend in Raten gezahlt. So ist regelmäßig mit dem Abschluss des Ausbildungsvertrages die Grundgebühr zu entrichten und bis zur Prüfung werden weitere Abschlagszahlungen angefordert. Vor der praktischen Prüfung werden dann in der Regel die verbleibenden Beträge angefordert, so dass grundsätzlich keine offenen Forderungen bestehen. Teilweise zahlen Fahrschüler die vereinbarten Leistungsentgelte in bar zu Beginn oder am Ende der Fahrstunde im Fahrschulwagen oder es werden keine vollständigen Abrechnungen erstellt. Eine Kontrolle der vollständigen Einnahmen ist von daher nur bei Vorlage und Abgleich der Einnahmeaufzeichnungen mit den Ausbildungsnachweisen, den Tagesnachweisen und den TÜV-Listen möglich. Da den von den Fahrschulen zu führenden Unterlagen mithin nicht nur berufsrechtliche Bedeutung zukommt, sondern auch für das Verständnis und die Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind, beträgt die steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist nach § 147 Abs. 3 AO sechs Jahre.

Der Kläger hat – unstreitig – für 2006 weder die Ausbildungs- noch die Tagesnachweise vorgelegt, diese vielmehr nach eigenem Bekunden entsorgt. Diese Nachweise hätten aber Aussagen über Vorgänge zum Gewinn und seiner Ermittlung enthalten. Ihnen kommt im Streitfall vor Allem deshalb besondere Bedeutung zu, weil die von dem Kläger erstellten Ausgangsrechnungen keine detaillierten Abschlussrechnungen darstellen. In ihnen sind nicht etwa alle einzelnen Fahrstunden aufgelistet, sondern es ist jeweils nur die Gesamtzahl der geleisteten Fahrstunden aufgeführt. Es lässt sich den Rechnungen hingegen nicht entnehmen, wann die einzelnen Fahrstunden absolviert wurden (vgl. z.B. „Ausbildungsrechnung“ vom 04.11.2006, Bl. 185 ApA). Dementsprechend lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechnungen auch nicht im einzelnen nachvollziehen und abgleichen, ob sämtliche geleisteten Fahrstunden den Fahrschülern tatsächlich in Rechnung gestellt worden sind und ob alle von den Fahrschülern zu leistenden Zahlungen auch in die Gewinnermittlung eingegangen sind. Hierzu hätte es der Vorlage der Ausbildungs- und Tagesnachweise bedurft. Nur anhand dieser von den Fahrschülern gegengezeichneten Unterlagen hätte sich die Vollständigkeit der Einnahmen überprüfen lassen.

Da der Kläger nach den Steuergesetzen zu führende Aufzeichnungen nicht vorgelegt hat, ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß. Damit ist die Vermutung des § 158 AO widerlegt und die Buchführung kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden mit der Folge, dass die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen sind.

Hinzu kommt, dass Stichproben der Prüferin ergeben haben, dass entweder für einzelne Leistungen kein Entgelt erhoben wurde oder aber für diese Leistungen keine Rechnung gestellt wurde (Bl. 160, 183 ApA). So fehlten ausweislich einer Aufstellung des Beklagten (Bl. 183 ApA) eine oder mehrere Rechnungen folgender Fahrschüler: N. S., N. D., D. K., F. S., T. R. und M. O. Damit ist aber zugleich die sachliche Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich möglicherweise drei weitere Abweichungen zwischen der Buchhaltung und den Daten des TÜV, nämlich in Bezug auf die Fahrschüler B., V. und S., mittlerweile haben klären lassen.

Die Prüferin hat als Grundlage ihrer Schätzung die ihr vorliegenden Listen des TÜV Rheinland herangezogen. Ein Verwertungsverbot in Bezug auf diese Listen vermag der Senat entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu erkennen. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte vor Prüfungsbeginn eine sog. F-Liste angefordert und diese dann ausgewertet hat. Nach Aktenlage lagen die Dinge vielmehr so, dass die Oberfinanzdirektion den Beklagten bereits mit Schreiben vom 02.07.2009 darauf hingewiesen hat, dass die Stabsstelle Steueraufsicht ein Sammelauskunftsersuchen an den TÜV Rheinland gestellt hatte (Bl. 28, 29 Außenprüfungsakten – ApA -). Ziel war es diesem Schreiben zufolge, Informationen zu den angemeldeten Führerscheinprüfungen sowie den dazugehörigen Prüflingen aller Fahrschulen in Rheinland-Pfalz für den Zeitraum 2004 bis 2007 zu erlangen. Für Prüfungszwecke konnten sodann aus vom TÜV übersandten Datenbeständen unterschiedliche Tabellen zur Verfügung gestellt werden. Zugleich wurde dem Beklagten eine Liste von Fahrschulen in seinem Zuständigkeitsbereich übersandt. Erst nach Ergehen der Anordnung einer Außenprüfung vom 05.01.2011 (Bl. 1 ApA) forderte die Betriebsprüferin die entsprechenden Daten per Email an und wertete sie sodann im Rahmen der Betriebsprüfung aus (Bl. 28 ApA; Bl. 146 Prozessakten – PA -). Ein solches Vorgehen ist aber rechtlich unbedenklich.

Grundlagen für eine Kalkulation der Einnahmen stellen die Gebühren und Auslagen der jeweiligen Fahrschule, die Anzahl der Fahrschüler bzw. Wiederholer sowie die Anzahl der Fahrstunden dar. Die Gebühren und sonstige Kosten ergeben sich dabei aus den Ausbildungs- und Tagesnachweisen bzw. aus den von der Fahrschule konkret angesetzten, aus den Ausgangsrechnungen ersichtlichen Preisen und Gebühren, je nachdem, ob eine Normalfahrt, eine Überlandfahrt, eine Autobahnfahrt oder eine Nachtfahrt vorliegt. Hinzu kommen die Vorstellungsgebühren sowie Kosten für Lehr- und Lernmaterial. Die Anzahl der Fahrschüler bzw. Wiederholer lässt sich aus den Listen des TÜV entnehmen. Die Anzahl der Fahrstunden kann unter Berücksichtigung von Erfahrungssätzen hochgerechnet werden. Während nach einer Mitteilung des Fahrlehrer-Verbandes Westfalen e.V. davon auszugehen ist, dass ein Fahrschüler der Klasse B in der Regel das 1,5-fache seines Lebensalters zuzüglich der 12 Stunden Sonderfahrten benötigt, geht die Finanzverwaltung auf Grund einer Richtsatzprüfung des Jahres 2002 davon aus, dass sich eine solch hohe Zahl der Fahrstunden nicht bestätigen lässt. Sie nimmt deshalb an, dass die Anzahl der Fahrstunden im Durchschnitt dem Lebensalter der Fahrschüler entspricht (Fachinfosystem Bp NRW, Bl. 120 ff. ApA).

Im Streitfall hat die Prüferin ihre Kalkulation anhand der ihr zugänglichen Daten (Preise und Gebühren der Fahrschule des Klägers, Anzahl der Fahrschüler laut TÜV-Liste) erstellt (Bl. 29 Bp-Berichtsakten). Der Senat folgt bei der ihm obliegenden Schätzung diesem Ansatz. Daraus ergibt sich folgendes:

Anhand der Anzahl der jeweiligen Prüfungen und unter Berücksichtigung des hierfür geltenden Preises ergeben sich Erlöse aus Fahrprüfungen in Höhe von 12.714,00 € und Erlöse aus Theorieunterricht in Höhe von 26.980,00 €, zusammen 39.694,00 €. Geht man davon aus, dass beispielsweise für den Führerschein der Klasse B – anders als nach der Formel Lebensalter x 1,3 = Fahrstunden – im Durchschnitt (lediglich) 18 Fahrstunden sowie 12 Sonderfahrten (für Wiederholer 6 Fahrstunden) absolviert werden, gelangt man unter Berücksichtigung der vom Kläger in seiner Fahrschule angesetzten Preise zu Erlösen aus Fahrstunden in Höhe von 68.758,00 € und zu Erlösen aus Sonderfahrten in Höhe von 50.464,00 €, zusammen Erlöse aus Fahrstunden in Höhe von 119.222,- €. Rechnet man die Erlöse aus Prüfungen und Grundbeiträge in Höhe von zusammen 39.694,- € hinzu, ergeben sich Erlöse von gesamt brutto von (119.222,- € + 39.694,00 €) 158.916,00 € und netto von 136.996,55 €. Demgegenüber hat der Kläger in seiner Gewinnermittlung lediglich einen Betrag von (netto) 132.478,00 € angesetzt, eine Differenz von 4.518,00 €.

Eine Schätzung soll so erfolgen, dass die mit der größten Wahrscheinlichkeit verwirklichten Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt werden (vgl. grundlegend: BFH-Urteil vom 31.08.1967 -V R 241/64, BStBl 1967 III, 686). Die Ergebnisse der Schätzung müssen wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; BFH vom 12.09.2001, VI R 72/97, BStBl II 2001, 775). Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass bei einer Schätzung eine Bandbreite möglicher Wertansätze besteht (sog. Schätzungsrahmen). Der Schätzungsrahmen ist umso größer, je ungesicherter das Tatsachenmaterial ist, auf dem die Schätzung basiert. Der Steuerpflichtige hat insofern keinen Anspruch darauf, dass sich die Schätzung im untersten Rahmenbereich bewegt. Hiervon ausgehend hält der Senat eine Zuschätzung bei den Erlösen in Höhe 3,4 v.H., also von 4.500,00 €, für sachgerecht und angemessen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Werte nach der Richtsatzsammlung. Nach der Richtsatzsammlung liegt bei Fahrschulen mit einem wirtschaftlichen Umsatz von bis zu 180.000,00 € der Reingewinn zwischen 18 und 52 v.H., im Mittel bei 35 v.H. des wirtschaftlichen Umsatzes (Bl. 89 PA). Zwar lässt sich ausgehend von dem Zahlenwerk des Klägers (Umsatzerlöse: 133.914,00 €; Ergebnis: 53.270,00 €; vgl. Bilanzakten, Bl. 23 <26, 30>) ein Reingewinn von 39,78 v.H des wirtschaftlichen Umsatzes errechnen, ein Wert, der dem Mittelwert der Richtsatzsammlung (35 v.H.) nahe kommt. Aber auch wenn den Erlösen des Klägers ein Betrag in Höhe der oben dargestellten Differenz von 4.500,00 € hinzugeschätzt wird, ergibt sich ein Reingewinn von 41,73 v.H. und damit ein Wert, der sich ebenfalls noch im mittleren Bereich der Richtsatzsammlung bewegt. Soweit der Kläger einwendet, es gebe viele Fahrschüler, die ohne Sonderfahrten gemacht zu haben die Führerscheinprüfung ablegten, z.B. bei Wiedererteilung nach Entzug der Fahrerlaubnis oder einem Fahrschulwechsel, auch sei unberücksichtigt geblieben, dass mehrere Rechnungen jährlich in der Buchführung fehlten, weil sich die Rechnungen bei Inkassobetrieben, bei Rechtsanwälten oder Gerichten befänden, noch nicht bezahlt worden seien oder es sich um die Ausbildung von Verwandten gehandelt habe, auch habe sich bei einem Abgleich der Daten des TÜV mit den aus der Buchhaltung ersichtlichen Daten ergeben, dass es lediglich zu 3 Abweichungen gekommen sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Vorbringen in Bezug auf eine – angeblich – in Einzelfällen geringere Anzahl absolvierter Fahrstunden lässt sich in Ermangelung der zur Überprüfung notwendigen Unterlagen nicht verifizieren. Im Übrigen geht die einer jeden Schätzung anhaftende und in der Regel auch verbleibende Unsicherheit zu Lasten desjenigen, der Veranlassung zur Schätzung gegeben hat. Damit gibt auch die Höhe der aus der Sicht des Senats insgesamt moderaten Zuschätzung keinerlei Anlass zu Beanstandungen.

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