Vorwurf: nicht leistungsunterlegte Eingangsrechnung

nicht leistungsunterlegte Eingangsrechnung

Nicht leistungsunterlegte Rechnungen

Die Anklageschrift wirft Ihnen vor, dass sie in Ihrer Buchführung nicht leistungsunterlegte Rechnungen in Höhe von 196.435 € in den Veranlagungszeiträumen 2013-2016 zu Unrecht steuermindernd geltend gemacht haben und deswegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer in einer genau berechneten Höhe hinterzogen hätten.

Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung

Die Anklageschrift bezeichnet insgesamt 3 verschiedene Firmen, die die Leistungen nicht erbracht haben sollen und von daher die Eingangsrechnung dieser Firmen nur Abdeckrechnungen bzw. Scheinrechnungen sein sollen.

Das frei gewordene Geld soll für Lohnzahlungen verwendet worden sein. Der Vorwurf lautet also Schwarzarbeit. Es geht also um (Lohn-) Steuerhinterziehung nach § 370 AO und Sozialabgabenbetrug nach § 266 a StGB.

Aufklärung und Beweis, dass Leistungen vom Rechnungsaussteller erbracht wurde

Es geht also aus der Abwehrsicht steuerlich wie steuerstrafrechtlich darum, aufzuklären und zu beweisen, dass diese Eingangsrechnungen leistungsunterlegt sind, d. h. die Firmen die  berechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht haben. 

Steuerlich haben Sie die Beweislast für die Berechtigung des Betriebsausgabenabzugs und des Vorsteuerabzugs.

Dies kann durch die betreffenden Geschäftsführer als Zeugen aber auch durch deren Mitarbeiter oder auch durch Urkunden nachgewiesen werden. Urkunden könnten hier Arbeitsprotokolle, Rapportzettel, Kostenvoranschläge, Behinderungsanzeigen, Mängelrügen, Streitigkeiten über Leistungserfassung, Zeitkontrollen, Eingangskontrollen mit namentlicher Erfassung der Arbeiter usw. sein.

Bei den Eingangskontrollen ist es insoweit möglicherweise problematisch, wenn diese Subunternehmer keinen Personalausweis o. ä. vorlegten und einfach mit Ihren Leuten die Baustelle betreten haben und vielleicht Ihr Vorarbeiter meinte, die eigenen plus die Fremdmitarbeiter gehörten alle zu ihm und dann der Pförtner bzw. Sicherheitsdienst die ganzen Personen entweder zahlenmäßig oder namentlich unter Ihrer Firma erfasst hat.

Damit sind Belege gegen Sie erstellt worden, indem Ihnen die Fremdarbeiter als eigene Mitarbeiter zugeordnet wurden.

Wenn Sie also beispielsweise so viele Leute gar nicht angemeldet haben oder sich zusammen mit den anderen Mitarbeitern ein Überhang ergibt.

Dann ist diese einfache und zweckmäßige Erfassung bei der Eingangskontrolle der Fremdfirma vielleicht erfreulich, um schnell und möglichst unbürokratisch in den Fremdbetrieb zu kommen und dort arbeiten zu können, weil man ja vielleicht auch gerade das Subunternehmerverhältnis nicht offenlegen will, um nicht bei späteren Folgeaufträgen umgangen zu werden und zu verhindern, dass der Subunternehmer dann direkt beauftragt wird, weil er günstiger ist.

Andererseits führt eine solche Aufzeichnung bei der Eingangskontrolle zu einer Beweissituation, die nachteilig sich auswirken kann, da Sie eben scheinbar mit Ihren eigenen Leuten, die dann offenbar nicht alle angemeldet waren, die Leistungen verrichtet haben.

Warum sonst sollten Sie, so könnte später die Argumentation sein, an der Pforte hier falsche Angaben machen und die Fremdmitarbeiter als eigene bezeichnen? Unterstellt, es wären aber die Arbeitnehmer namentlich korrekt erfasst, so könnte man diese später befragen, für wen sie denn tatsächlich gearbeitet haben.  Erst recht sollte dann das Problem gelöst sein.

Problem: keine ausreichende optische Abgrenzung von Subunternehmen

Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn Sie Arbeitskleidung aus Kulanz oder Freundlichkeit den Subunternehmen geben … die sind bei allem Verständnis für Werbung und Corporate Identity und dem Verbergen von Substanz gegenüber dem Auftraggeber oder dem Bauherren dann Eigentore, wenn der Zoll (oder andere) Bilder machen oder bei Eingangskontrollen dann diese Fremdarbeiter Ihnen zugerechnet werden.

Und selbst wenn dann irgendwann Ihre eigenen Leute nach Kleidungsunterschieden zu den Subunternehmen gefragt werden, werden die Kleidungsunterschiede verneinen … dann kann das eng werden mit der Behauptung, das seien nicht Ihre Leute gewesen …

Eingangskontrollen auf Baustellen und bei Fremdfirmen: Erfassung und Zuordnung der Subunternehmen

Wenn die Mitarbeiter aber bei den Fremdfirmen tatsächlich korrekt angemeldet waren,  dann wäre auch die falsche Zuordnung durch den Pförtner bei der Eingangskontrolle oder die Kleidung sicherlich unerheblich.

Diese Eingangskontrollen bzw. diese Erfassung von Sicherheitsdiensten und Pförtnern an Baustellen oder anderen überwachten Gebäuden und Einrichtungen ist auch insoweit möglicherweise irreführend, weil der Pförtner natürlich von sich aus die Zuordnung falsch zugenommen haben kann, Namen missverstanden haben kann oder projektbezogen einfach eigenmächtig falsch zugeordnet haben kann, indem er für sich notiert hat, dass die Arbeiter zu einem bestimmten Bauabschnitt gehören, der von einer bestimmten Firma federführend organisiert und durchgeführt wird.

Baut also den Turm 4 maßgebend die Firma Bilfinger und Berger, könnten bei oberflächlicher Aufzeichnung Sicherheitsdienstes alle Mitarbeiter, die auch von Fremdfirmen und Subunternehmer Vomer kommen, die aber zu Turm 4 wollen unter dem Projekt von Bilfinger Berger weiterbauen, einfach dem Turm 4 oder der Firma Bilfinger und Berger zugeordnet werden, obwohl das gar nicht deren Mitarbeiter sind.

Da aber die Arbeiter bzw. Vorarbeiter auch nicht sehen, was der möglicherweise sie dem widersprechen würden, wenn sie dessen Mitschrift sehen würden, so aber mangels Kenntnis der Mitschrift nicht widersprechen und das klarstellen, können bei den Mitschriften bei Eingangskontrollen Überraschungen herauskommen. Klarer und eindeutiger ist das dann, wenn die betreffenden Mitarbeiter Codekarten oder Steckkarten haben, die eingescannt werden oder mit Magnetstreifen bei den Eingangskontrollen durchgezogen werden.

Dann taugen allenfalls Zuordnungsprobleme am Beginn der Tätigkeit auf, wenn diese Mitarbeiter noch keine Codekarte haben oder aber wenn die Codekarten untereinander einfach weitergegeben werden und andere Mitarbeiter dann die Codekarte nutzen, etwa weil der betreffende Mitarbeiter seine Codekarte verlegt hat, verloren hat oder einfach nur nicht dabei hat.

Zeugen

Natürlich können auch die betreffenden Mitarbeiter – sobald sie auffindbar sind und sich erinnern können – sagen, wann sie für welche Firma gearbeitet haben und dass sie beispielsweise dann auch im Auftrag Ihrer Firma bei Ihnen oder mit Ihren Mitarbeitern zusammengearbeitet haben.

Dabei habe ich natürlich auch schon recht schwierige Zeugen erlebt, die sich kaum an Ihre verschiedenen Arbeitgeber in der richtigen zeitlichen Abfolge erinnern konnten, erst recht nicht an eventuelle Einsätze bei eventuellen Subunternehmern.

Sie müssen sich das so vorstellen: da sitzen ein, 2 oder 3 Berufsrichter, 2 Schöffen, ein Staatsanwalt, ein Dolmetscher, ein Angeklagter und ein Verteidiger in einem großen ehrwürdigen Gerichtssaal und da kommt ein einfacher Mitarbeiter, der vielleicht Drogen-oder Alkoholprobleme hat, der vielleicht nie eine abgeschlossene Schulausbildung hatte und sich immer nur irgendwie durchs Leben geschlagen hat und der immer nur verschiedene aus Hilfsjobs hatte und sich natürlich nicht sonderlich gut ausdrücken kann.

Der ist nun sowieso davon beeindruckt, dass er vor Gericht geladen wird und kann schon die letzten 5 Tage vor dem Termin nicht ruhig schlafen vor lauter Aufregung, obwohl es gar nicht geht und er auch gar nichts zu befürchten hat. Aus dem Juristendeutsch wird er nicht richtig klug. Allein der Briefkopf  des Gerichts beeindruckt ihn und dass er dort persönlich geladen wird, in einem gelben Kuvert mit Postzustellungsurkunde, ist für ihn schon ein herausragendes Ereignis.

Die ganzen Belehrungen auf Seite 2 und 3 hat er gar nicht gelesen und auch nicht verstanden und er ist schwer beeindruckt, wenn er nun endlich nach ein bis 2 Stunden Wartezeit in den Sitzungssaal gerufen wird über eine Lautsprecheranlage, die mehr knabbern und knurrend seinen Namen ausspuckt als wirklich deutlich verständlich ihn zum Eintreten auffordert.

Voller Angst und Aufregung schleppte er sich schließlich zu der großen schweren Tür. Er drückt die riesige Klinke herunter und schiebt die schwere hölzerne Tür auf, was schon einem Kraftakt gleichkommt. Dann sind es nur noch 20 m bis zu dem Platz, auf dem er als Zeuge sich niederlassen darf. Ungelenk kramt er seinen Ausweis hervor. Den will keiner sehen.

Da sitzt dann erhöht vor ihm das Gericht: ein, zwei, drei Berufsrichter in schwarzer Robe und ernster Miene und 2 Schöffen, eine Protokollkraft die ihn allesamt anstarren.

Auch Staatsanwalt, Verteidiger und Angeklagte schauen ihn an. Die Schritte werden immer schwerer, bis er schließlich den Zeugenstuhl erreicht. Ausweis wieder wegpacken, Jacke ausziehen, unter den blicken alle sich hinsetzen, seine Ladung in der Hand halten und nicht wissend, wohin damit, sitzt er schließlich und dann beginnen Belehrungen über seine Wahrheitspflicht und dann Befragungen zu seinem Namen.

All das prasselt in Sekundenschnelle Schlag auf Schlag auf ihn ein und irgendwie scheint er bis dahin alles überlebt zu haben. Auf die Frage, ob er die Belehrung verstanden hat, sagt er einfach Jahr und schon bei der Frage nach seinem Alter muss er erst mal rechnen bzw. will eigentlich sein Geburtsdatum sagen aber danach wird er gar nicht gefragt. Dann kommen die Fragen zur Sache.

Wann er wo gearbeitet habe, will der Richter in der Mitte wissen. Das weiß er aber doch nicht mehr. Hätte man das vorher geschrieben, hätte er in seinen Unterlagen mal nachsehen können, und soweit diese vollständig sind, hätte er das dann fein säuberlich mal aufschreiben können. Heute ist er schon damit überfordert, wie der vorletzte Arbeitgeber hieß.

Wo er heute arbeitet, das weiß er. Davor war er eine Zeit lang arbeitslos. Davor war er bei einer Firma Dings, nein die hieß anders, aber er weiß wirklich nicht mehr wie, die war irgendwo in der Nähe von Worms. Aber wo genau weiß er auch nicht mehr.

Und wie lange war er da? Und davor? Vielleicht war er da auch noch mal arbeitslos. Aber auch das weiß er nicht mehr so genau. Vielleicht hatte er aber auch direkt davor ein Arbeitsverhältnis und war davor arbeitslos. Das hat immer mal gewechselt. Er hat auch mal bei einer Spedition gearbeitet. Aber wann das war. Und jetzt geht es um Sachverhalte die 7 Jahre zurückliegen. Da weiß er wirklich nichts mehr. Ob er damals krankenversichert war? Das weiß er heute nicht mehr. Er weiß gar nicht mehr, was vor 7 Jahren war. Dann fängt er an zu rechnen. Heute ist er 57. Dann muss er damals 50 gewesen sein. Vielleicht auch 49 oder 51. Aber wo er da gearbeitet hat? Woher soll er das wissen?

Problem: ungewohnte Umgebung, ungewohnte Situation, Unvorbereitetsein auf relativ schwierige Fragen (aus Sicht des Befragten)

Kurzum: ohne diese Arbeiter gehen viele Arbeiten nicht. Aber Sie sind eben den Gerichtssaal nicht gewohnt und sind es auch nicht gewohnt, sich zu artikulieren. Auch die Frage nach früheren Arbeitgebern sind schwierig, da allenfalls ein neuer Arbeitgeber danach fragt und der bekommt eben die letzten Papiere und Zeugnisse vorgelegt.

Da fragt doch niemand nach einem kompletten Lebenslauf und will wissen, was in den letzten 5 oder 10 Jahren für Arbeitsverhältnisse bestanden. Allenfalls ist es wichtig, ob man beim letzten Arbeitgeber was geklaut hat und rausgeflogen ist oder ob man selbst gekündigt hat bzw. aus einer ungekündigten Stellung heraus sich bewirbt.

Zeugnisse von früheren Arbeitgebern? Fehlanzeige! Ein chronologischer Lebenslauf ab der Ausbildung bis heute? Fehlanzeige!

In welcher chronologischen Reihenfolge welche Arbeitgeber er hatte und wie lange er jeweils dort arbeitete, sind Fragen, die ihn völlig überfordern. Er möchte gerne antworten, kann sich aber daran nicht erinnern. Und dann kommt die Frage, ob er als Subunternehmer damals vor 7 Jahren bei dem hier angeklagten in dessen Firma gearbeitet haben. Da ist die Verlockungen relativ groß, einfach mit Nein zu antworten, weil er natürlich den Angeklagten gar nicht kennt und der auch heute nach 7 Jahren ganz anders aussieht und wenn der damals tatsächlich als Hilfsarbeiter dort gearbeitet hätte, hätte er doch auch den Chef niemals kennengelernt.

Das hätten doch, wenn dann die Chefs untereinander ausgemacht. Wie soll jetzt dieser arme Zeuge sich also daran erinnern können, dass er mal bei dem hier angeklagten gearbeitet hätte.

Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob denn der hier angeklagte mal sein Chef gewesen wäre, weiß er keine Antwort. Ob ihm die Firma des Angeklagten etwas sage, weiß er auch keine Antwort. Gehört habe er die wohl schon mal. Mehr weiß er aber nicht.

Gefahr: Überforderung des Zeugen mit Fragen, die er doch aus Sicht des Fragenden wissen muss

In dieser Situation ist es natürlich sehr schwierig, von dem Zeugen zu erfahren, ob er mal als Subunternehmer für den hier angeklagten Firmeninhaber mal tätig war, da diese einfache Frage, wenn man sie so dem Zeugen stellt, sie vermutlich nicht beantworten wird, können oder im Zweifelsfall zu einem „nein“ tendiert.

Nicht selten klaffen also Erwartungshaltung des Fragenden, an was sich doch der Zeuge sicher erinnern können soll müssen und Erinnerungsvermögen des insoweit unvorbereiteten Zeugen an für ihn unerhebliche Vorgänge weit auseinander. Die Gefahr besteht, dass solche Zeugen überfordert sind und dann in dieser Stresssituation gar nichts mehr wissen.

Das können Sie sich nicht vorstellen? Dann beobachten Sie doch mal die Kandidaten bei Günther Jauchs „wer wird Millionär?“, die bei scheinbar einfachen Fragen völlig unsicher sind, einen Joker nach dem anderen  verschießen oder gar kläglich versagen bei Fragen, die Sie auf dem Sofa locker gewusst hätten …. es macht eben einen Unterschied, ob man im Rampenlicht von allen angeguckt wird und weiß, dass es jetzt zählt, oder ob man entspannt zu Hause auf dem Sofa sitzt.

Außerdem sind vielleicht nicht alle Hilfsarbeiter, die in solchen Fällen eingesetzt wurden, mit den Kandidaten von Günther Jauch zu vergleichen ….

Bei einem Zeugen, der sich schon unsicher in seiner Erinnerung über seine Vergangenheit ist, wird man dann schon nicht erwarten können, dass er sich an Arbeitseinsätze bei Fremdfirmen erinnert und auch weiß, wie die hießen. Außerdem ist der Arbeitnehmer offensichtlich in einer so unbedeutenden Person angestellt, dass er die Vertragszusammenhänge sowieso nicht kennt.

Bei der Frage, ob er den Begriff Subunternehmer oder Nachunternehmer kennt, ist schon die Antwort meist unklar. Woher er wissen soll, ob er damals mit seiner Firma als Subunternehmer eingesetzt war, ist dann oft ebenfalls unklar.

Umstellung der Fragetechnik

Also muss die Fragetechnik sich auf das Erinnerungsvermögen des Zeugen einstellen und ihn ganz anders befragen: da könnte man beispielsweise erst einmal ihn befragen, was so regelmäßig seine Arbeit ist. Ist der Verputzer, wird er Tag für Tag verputzen. Wo genau verputzt, wird im meist nach wenigen Tagen schon gar nicht mehr klar sein.

Gerade, wenn er mit einer Kolonne auf den Arbeitsplatz fährt und dort verputzt, wird er wieder die genaue Anschrift sich gemerkt haben noch wissen, wie das Objekt heißt oder wem es gehört.  Dann ist das aber spannend zu fragen, ob sein unterbrochen war und sich verändert hatte. Also könnte die Frage dahin gehend, ob sein Arbeitsalltag durch andere abwechslungsreiche Arbeit unterbrochen war, ob er beispielsweise beim Spargelstechen war oder auf der Kartoffelernte oder auf der Weinlese von seinem Arbeitgeber aus.

Wenn er hier verneint, dass er immer dieselbe Arbeit gemacht hat, mal innen verputzt, mal außen verputzt, mal Wärmedämmung, mal Streichen aber nie etwas anderes gearbeitet, kann man dann noch mal konkret nachfragen, ob er die Subunternehmertätigkeit, die er gemacht haben soll, gemacht hat. Soll er also aushilfsweise mal bei einer Möbeltransportfirma gearbeitet haben und dort schränke transportiert haben und Möbel auseinander geschraubt und wieder zusammengeschraubt haben und über Außenaufzüge herunter oder heraufgefahren haben, kann man dies noch konkret hinterfragen.

Wenn da keine Erinnerung kommt, war er offenbar nicht als Subunternehmer für eine solche Arbeit eingesetzt – oder er hätte auch dies verdrängt oder vergessen.

Einstellung auf die Situation des Befragten

Die hohe Kunst der Befragung ist es also sich auf sein Gegenüber einzustellen und auf dessen Erinnerungslücken bzw. Verdrängungsprozesse, möglicherweise auf Vergesslichkeit einzugehen und möglichst einfach und freundlich zu fragen, um sich so möglichst in einem guten Klima an die neuralgischen Punkte heranzutasten.

Üben Sie dabei dem Zeugen die Möglichkeit, sich zu erinnern. Führen Sie ihn langsam an die Zeit, die sie erfragen wollen heran und tasten Sie das Umfeld durch Fragen freundlich ab. Je mehr sie sich in die Sache hinein denken und mit ihm spielerisch die damalige Situation wieder im Kopf entstehen lassen, umso eher können Sie antworten bekommen, die sie interessieren. Lassen Sie sich dabei nicht von störenden Fragen der anderen Verfahrensbeteiligten aus der Ruhe bringen.

Diese möchten möglicherweise gar nicht die Antworten von dem Zeugen haben und würden sich vielleicht freuen, wenn diese sich einfach nicht erinnert. Bleiben Sie also ruhig und gelassen und freundlich und lassen Sie sich das Fragerecht nicht beschränken und nicht wegnehmen.

Möglicherweise kommen Fragen auf sie zu, was das mit der Sache zu tun hat oder dass das viel zu weitschweifig ist und sie sich kürzer fassen sollen. Manchmal aber ist es wichtig, einem Zeugen die Zeit zu lassen und langsam das Erinnerungsvermögen wieder zu aktivieren, in dem die damaligen Situationen und Abläufe rekonstruiert werden.

Je mehr Sie sich hier hineindenken können und mehr Details sie abfragen, umso mehr wird der Zeuge auch antworten können.

Spielen Sie mit dem Zeugen und sagen Sie ihm, er soll sie an die Hand nehmen und sie seien jetzt blind und er solle ihnen die Situation erklären und ihnen alles zeigen. Machen Sie dabei rückt die Augen zu und lassen Sie sich gedanklich von dem Zeugen an die Hand nehmen. Erklären Sie ihm, dass sie ihn natürlich nicht nerven wollen, sondern einfach nur das verstehen wollen und auf sein Wissen und seine Erinnerung, die für das vorliegende Verfahren wichtig ist,.

Und jetzt sollen sie an die Hand nehmen und ihnen die Arbeitsabläufe von damals zum Beispiel erklären. Welche Geräte hatte er, welches Werkzeug. Welchen Putz hat er verwendet. Wenn er damit täglich gearbeitet hat, würde dazu einiges sagen können. Und dann werden sie von ihm viele Details erfahren und ein angenehmes harmonisches Klima mit dem Zeug haben und dann auch noch einmal fragen können, ob es nicht auch Sachen Gegebenheit, die ihn gestört haben und die ihn von seiner üblichen Arbeit weggerissen haben.

Vielleicht kommt da eine Erinnerung. Wenn auch hier der Zeuge sich nicht mehr erinnert, war entweder nichts oder aber er hat es tatsächlich völlig vergessen oder verdrängt. Mehr kann man dann als Anwalt nicht tun. Vielleicht kann sich der nächste Zeuge an mehr Details erinnern.

Jeder Zeuge ist anders

So dürfen sie aber nicht mit einem Zeugen umgehen, der fit ist und sich an vieles noch sehr genau erinnern kann. Der und sich wahrscheinlich bei einer solchen Befragungsrunde auf den Arm genommen vor und ist verärgert. Hier werden Sie viel direkter fragen können und müssen, ob er sich an Besonderheiten in seinem Arbeitsalltag erinnern kann.

Dabei wird natürlich der einzelne Mitarbeiter, etwa aus dem Büro, nicht unbedingt die Vertragsverhältnisse zwischen seinem Chef und der Auftragsgeberfirma kennen. Woher soll er die nur die Vertragsusancen kennen, wenn er damals die Verträge nicht ausverhandelt oder ausgearbeitet hat und dies eigentlich nur der Chef gemacht hat und die Verträge auch nur in den ihm zugänglichen Schränken, zu denen der Büromitarbeiter keinen Zugang hatte?

Anpassung bei der Fragetechnik an die intellektuellen Fähigkeiten des Zeugen und Hineinversetzen in dessen Erinnerungsvermögen

Sie müssen sich also bei den Befragungen stets möglichst gut in die intellektuellen Fähigkeiten des Zeugen und in dessen Erinnerungsvermögen bzw. in dessen Arbeitswelt oder Arbeitssituation hineindenken können, um dann detaillierte Fragen stellen zu können. Je mehr sie sich in seine Arbeitswelt hinein denken können und hier ehe sie Fachbegriffe von ihm verstehen oder ihn mit solchen konfrontieren, umso eher sind sie einer von ihm und werden akzeptiert. Adaptieren sie ihn ohne überheblich zu wirken und bleiben Sie stets freundlich. Neurolinguistische  Adaption ist sicherlich kein Fehler. Dabei dürfen sie sich nicht anbiedern aber natürlich zeigen, dass sie ihn verstehen und mitreden können.

Scheinrechnungen

Geht es also um Scheinrechnungen und wird bestritten, dass diese leistungsunterlegt seien, befragen Sie die überlassenen Arbeiter, ob sie sich an die Arbeitsausführung erinnern können. Dabei werden den Arbeitern weniger Name und Anschrift der Firma oder der Baustelle einfallen, auf denen sie eingesetzt waren, als die ansonsten andere Tätigkeit, die abweichend von der üblichen Tätigkeit war.

Ich kann mir natürlich vorstellen, dass die damals entsandten Mitarbeiter sich gerade an artfremde Gewerke und ungewöhnliche Aufträge noch gut erinnern können. Entsendet so beispielsweise eine Firma, die im Elektrobereich tätig ist, ein paar Ihrer Mitarbeiter für ein Großprojekt, in dem gereinigt werden muss oder aufgeräumt werden muss und entrümpelt werden muss, so werden sich die Hilfsarbeiter, die sonst immer nur Kabelrollen geschleppt haben oder Schlitze gestemmt haben, sich an diese so andere Arbeit natürlich noch erinnern können.

Vielleicht sind ihnen dann die Namen der Firmen, für die sie gearbeitet haben gar nicht bekannt und waren diesen auch nie bekannt. Sie sind dann nur einfach auf eine andere Baustelle gegangen haben dort weisungsgemäß gearbeitet. Dann müsste das doch eigentlich noch als abwechslungsreiche Unterbrechung in Erinnerung sein. Sind Mitarbeiter Speditionsfirma nun bei einer Bewachungsfirma eingesetzt worden, werden die den Einsatz als Ordner in einem großen Fußballspiel sich so schnell nicht vergessen.

Aber auch weniger spektakuläre andersartige Einsätze gehen so schnell nicht vergessen.

Da hatte mal eine kleine Firma Leute zu einem Gleisbauer geschickt. Auch die haben die aufregende Arbeit an den Schienen nicht vergessen. Die wusste natürlich im Detail nicht, für welche Firma Dir eingesetzt wurden. Aber die konnten sich natürlich genau daran erinnern, dass sie gelbe Jacken anziehen mussten, Helme Aufsätzen mussten und gefühlt alle 5 Minuten ein riesig lautes Jagdhorn holte und anzeigte, dass damit auf den Nebengleisen Einzug vorbeifuhr.

Laut und ohrenbetäubend war das Gedonner der vorbeiziehenden Lok und der vielen Anhänger und die Vibration im Gleisbett beeindruckend. Mit solchen Details kann man dann zwar nicht klären, dass diese Leute bei einer bestimmten Firma als Subunternehmer eingestellt waren, aber es gibt ein Gesamtbild:

Der gibt es eine Rechnung für die überlassenen Arbeiter nach Stunden, in der Rechnung ist die Reparaturarbeit im Gleisbett beschrieben und die Rechnung ist von dem Gleisbereich bezahlt worden und dem Mitarbeiter der rechnungsstellenden Firma können sich an die Arbeiten sehr genau erinnern.  Da wird niemand mehr glauben, dass das eine Scheinrechnung ist und die Leistungen nicht ausgeführt worden wären.

Frage nach ungewöhnliche Tätigkeiten – Arbeitseinsatzwechsel

Wenn Mitarbeiter der Firma ABC Estrich und Fliesen GmbH, die Helfer bei dieser Firma sind und regelmäßig Zementsäcke schleppen, Sand schaufeln und Estrich an dem Estrich-Boy machen, und dann als Subunternehmer bei einer anderen Reinigungs- oder Lager-Firma eingesetzt werden, werden sich an diese ganz anderen Arbeitsvorgänge erinnern.

Mögliche Erinnerungs-Aufhänger aus Sicht der befragten Zeugen suchen

Sind Helfer einer Fliesenlegerfirma, die immer nur Fliesenverpackungen geschleppt haben, Fliesenverpackungen aufgerissen haben, die Fliesen aus den Packungen gemischt haben oder zu schneidende Fliesen gemessen oder geschnitten haben oder die Schnittkanten geschliffen haben etc.  Müssten doch auch an stark abweichende Arbeitsabläufe erinnern.

Dann müsste für diese Arbeiter die Arbeit bei einem Küchenstudio oder einem Reinigungsbetrieb aber extrem auffallend gewesen sein, weil sie so etwas anderes war als sonst das Übliche beim Estrichbau oder beim Fliesen legen: dann müssen doch die Arbeiter nicht auf die Baustelle geschickt worden sein, sondern eben mit Ihnen zum Abbau von Küchenstudios oder zum Einpacken von bereits abgebauten Küchenschränken oder zur Reinigung von Turnhallen oder Industriegebäuden eingeteilt worden sein.

Das muss doch für so einen Arbeiter eine völlig andere Welt gewesen sein, der nun nicht mehr auf den Baustellen stand, sondern jetzt in große Küchenstudios gefahren ist und dort Küchenschränke abbaute, einpackte, auf Stapelregale lud und dann sah, wie große Küchenstudios leer geräumt und abgebaut und verpackt wurden oder eben Turnhallen mit Reinigungsmaschinen reinigte. Eine solch ganz anderen Arbeitstag wird doch so ein Arbeiter vermutlich sein ganzes Leben lang immer in Erinnerung behalten.

Er wird dann vielleicht nicht wissen, dass die Firma … Montageservice oder … Clean GmbH hieß, aber er wird sich noch daran erinnern, dass er eben für seine Firma nicht auf irgendwelchen Baustellen war, sondern eben ganz andere Arbeiten durchführen musste. Ob er sich dann an Ihren Namen erinnern kann oder an den Namen Ihrer Mitarbeiter oder des Vorarbeiters, wäre dann eher zweitrangig.

Wenn er aber sich dann auch noch erinnert, dass Ihre Mitarbeiter in roten Anzügen herumliefen, auch wenn er den Namen nicht mehr weiß, aber eben sich erinnert, dass dies die Montageanzüge von Ihren Mitarbeitern waren, und dass er mit diesen Hand in Hand die Küchenschränke abbaute und verpackte oder die Halle reinigte, wäre der Nachweis der Leistungserbringung meines Erachtens schon sehr sicher geführt.

Eigene Mitarbeiter als Zeugen

Darüber hinaus müssten sich natürlich auch Ihre Mitarbeiter eigentlich an Fremdmitarbeiter erinnern können. Auch wenn sie vielleicht nicht den Namen der Firma … Estrich und Fliesen kennen, so könnte Ihnen doch in Erinnerung sein, dass es damals drunter und drüber ging und nicht genügend Arbeiter da waren.

Die Firma hatte von Ihnen nur den Auftrag, die Schränke auseinander zu schrauben und vorsichtig abzulegen und Sie dann gesagt hatten, dass Mitarbeiter anderer Firmen  kämen und die Sachen dann einpacken sollten und Ihre Leute darauf achten sollten, dass das hier ordentlich eingepackt wird. Insbesondere auch dazugehörige Schrauben und Scharniere ordentlich verpackt werden und durch Griffe, Scharniere und Schrauben keine Kratzer an den sichtbaren Fronten oder an anderen Teilen entstehen. 

Dann müssten doch Ihre Mitarbeiter diese Fremdmitarbeiter kennen, zumindest aber diese Vorgänge von damals beschreiben können. Mit dem „Kennen“ meine ich nicht unbedingt namentlich und auch nicht unbedingt heute in Erinnerung haben, von welcher Firma diese Leute kamen. Doch zumindest diesen Sachverhalt grob noch in Erinnerung haben und ihn darstellen können. Damit müssten doch letztendlich die Schilderungen Ihrer Mitarbeiter über die Subunternehmer 1 zu 1 zu den Schilderungen der  Mitarbeiter der Subunternehmer zusammenpassen,  auch wenn man vielleicht nach den vielen Jahren nicht mehr die einzelnen Namen wechselweise weiß und sich vielleicht auch nicht mehr an Details erinnern kann, so müsste doch jedenfalls dieser Sachverhalt, wenn ich mir den so richtig vorstelle, in etwa von den dortigen Arbeitern genauso bestätigt werden können wie von Ihren Mitarbeitern.

Wenn dazu dann noch die entsprechenden Geschäftsinhaber der Vertragspartner die Arbeitsausführung bestätigen, müsste doch der Vorwurf, dass die Rechnungen nicht leistungsunterlegt seien, widerlegt werden können.

Es müsste also doch auch nach Jahren noch möglich sein, den Vorwurf der nicht leistungsunterlegten Rechnung widerlegen zu können.

Wie sehen Sie das?

Beweisanträge, Vernehmungen der Mitarbeiter der Subs, der eigenen Mitarbeiter, der Geschäftsführer der Subs, der Vorarbeiter, aber auch Akteneinsichten in Steuerakten, DRV-Akten usw.

Neben solchen Beweisanträgen, auf Vernehmung der Mitarbeiter der Fremdfirmen, deren Geschäftsführer aber auch der eigenen Mitarbeiter, die meist den dürftig ermittelten Sachverhalt dann schon ins Wanken bringen, geht dann natürlich die Verteidigung durch so erfahrene und erfolgreiche Strafverteidiger wie mich dann erst richtig los:

Das Gericht ist dann durch entsprechende Beziehungsanträge zu veranlassen, die Verfahrensakten der weiteren Ermittlungsbehörden betreffend der angeblichen Scheinrechnungsaussteller beizuziehen und die dortigen Ermittlungsbeamten zu vernehmen.

Wenn dort keine Verfahren geführt wurden, erstaunt das um so mehr. Und da die Medaille 2 Seiten hat, ist es natürlich spannend und wichtig zu sehen, ob die andere Seite der Medaille auch zur Vorderseite passt.

Sollte das nicht so sein, können die Ermittlungsergebnisse anderer dritter Ermittlungsbehörden und die kritische Hinterfragung der Ermittlungsergebnisse und nicht zuletzt der Hinweis, dass die StA die Tat und der Angeklagte nicht seine Unschuld beweisen muss dazu führen, der der Angeklagte freigesprochen wird.

Instruktiv dazu: AG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2018 -101 Ls 72/15-; Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. November 2003 – aufgehoben durch BGH, Urteil vom 17.03.2005 – 5 StR 461/04.

Meldungen und Schlagzeilen im Internet … aber sind die Zahlen und Behauptungen verifizierbar?

Die Katastrophenmeldungen im Internet sind fast erdrückend – wie viele vorschnelle Ermittlungsergebnisse und Hochrechnungen darunter sind, wird nicht gefragt.

Das Thema soll hier natürlich nicht verniedlicht werden. Aber die Welle ist doch sehr einseitig und wenig differenziert .. das Hexentreiben ist eröffnet, so klingt es wenigstens …

Hier nur eine kleine beliebige Auswahl von Überschriften aus dem Internet dazu:

„Schwarzarbeit auf dem Bau: Falsche Rechnungen in mehr als …“

„Mit gefälschten Rechnungen wird Schwarzarbeit in der Baubranche … Scheinrechnungen, in der Branche „Abdeckrechnungen“ genannt.“

„So tricksen die Schwarzarbeiter!“

„Kleine Fische und große Haie – Der eine verlegt im Finanzamt schwarz Teppiche und wird sofort erwischt. Andere organisieren Schwarzarbeit im großen Stil und kommen damit jahrelang durch. Wodurch unterscheiden sich die Täter? Durch Ihre kriminelle Gründlichkeit! Drei Fälle – drei Arbeitsweisen.“

„Schwarzarbeit: mehr als 2 Jahre Haft für Geschäftsführer“

„Der Chef einer Gerüstbaufirma zahlte seinen Mitarbeitern einen Teil der Löhne schwarz. Das bezahlt er jetzt nicht nur mit seiner Freiheit.“

„Der Zoll be­kämpft Schwarz­ar­beit, il­le­ga­le Be­schäf­ti­gung und So­zi­al­leis­tungs­betrug“

„Mit Scheinrechnungen 500.000 Euro hinterzogen!“

„Zoll-Razzia: 48 Millionen Euro an Scheinrechnungen“

Die Überschriften der Artikel gehen seitenweise im Internet so weiter.


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Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg Burkhard
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