§ 10 BPO 2000 Verdacht einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit

Verwaltungsanweisung an Betriebsprüfer, wann ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und der StPfl strafprozessual hinsichtlich seiner Schweigerechte zu belehren ist

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(1) Ergeben sich während einer Außenprüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO), deren Ermittlung der Finanzbehörde obliegt, so ist die für die Bearbeitung dieser Straftat zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt werden muss. Richtet sich der Verdacht gegen den Steuerpflichtigen, dürfen hinsichtlich des Sachverhalts, auf den sich der Verdacht bezieht, die Ermittlungen (§ 194 AO) bei ihm erst fortgesetzt werden, wenn ihm die Einleitung des Strafverfahrens mitgeteilt worden ist. Der Steuerpflichtige ist dabei, soweit die Feststellungen auch für Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden können, darüber zu belehren, dass seine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nicht mehr erzwungen werden kann (§ 393 Abs. 1 AO). Die Belehrung ist unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen und auf Verlangen schriftlich zu bestätigen (§ 397 Abs. 2 AO).

(2) Absatz 1 gilt beim Verdacht einer Ordnungswidrigkeit sinngemäß.“

Kommentar: Die Verwaltung erläutert in § 10 BPO 2000, für den Betriebsprüfer, wann er ein Ermittlungsverfahren einzuleiten hat und den Steuerpflichtigen zu belehren hat, dass er strafprozessual schweigen darf und seine steuerlichen Mitwirkungspflichten betreffend des steuerstrafrechtlichen Vorwurfs nicht mehr erzwungen werden dürfen, insbesondere keine Zwangsmittel mehr gegen ihn zur Mitwirkung eingesetzt werden dürfen, § 393 I AO i.V.m § 328 f AO. Diese Belehrung ist nicht konsequent, weil BFH und Verwaltung der irrigen Auffassung sind, dass die steuerlichen Mitwirkungspflichten ungeachtet der strafprozessualen Schweigerecht weiterbestehen. Wie ein und derselbe Steuerpflichtige hinsichtlich derselben Fragen gleichzeitig schweigen und mitwirken und aufklären können soll, ist nicht nachvollziehbar. Ich habe noch niemanden getroffen, der mir vormachen konnte, wie man zur selben Sache gleichzeitig redet und schweigt. Demjenigen, der mir das als erster vormachen kann, schenke ich eines meiner von mir geschriebenen Bücher mit einer persönlichen Widmung von mir als Anerkennung. Ausgehend von der widersprüchlichen BFH-Rechtsprechung und der Verwaltungsmeinung, dass der Steuerpflichtige, der eigentlich sich nicht selbst belasten muss (nemo tenetur se ipsum accusare) und dennoch mitwirken und aufklären muss und wenn er das nicht macht, dann darf auch zu seinem Nachteil geschätzt werden, wegen seiner steuerlichen Pflichtverletzung. Was aber strafrechtlich einwandfrei und erlaubt ist, kann nicht nach dem Steuergesetz pflichtwidrig sein. Denn die AO steht nicht höher als das strafprozessuale Schweigerecht – umgekehrt: das verfassungs- und menschenrechtlich abgesicherte Verbot sich selbst belasten zu müssen (nemo tenetur) steht höher, als die bloß einfachgesetzlich verbrieften steuerlichen Mitwirkungspflichten.

Zwar genügt schon die bloße Möglichkeit einer Steuerstraftat – das ist kaum eine ernsthafte Hürde – gleichwohl leiten viele Betriebsprüfer nicht oder verspätet ein, etwa erst in einer beiläufigen Bemerkung in der Schlussbesprechung, wohl weil sie die Erfahrung haben, dass die Steuerpflichtigen dann einen Strafverteidiger hinzuziehen und dann meist nicht nur die gute Stimmung weg ist, sondern auch dann alles viel schwieriger und zäher in der BP läuft, insbesondere erst mal keine weiteren Informationen vom Steuerpflichtigen zu den steuerstrafrechtlichen Punkten mehr zu erwarten ist.

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